Donnerstag, 12. September 2013

DER VORLESER - Eine einzige Enttäuschung


„Was wir fühlen ist nicht so wichtig. Es ist gänzlich unwichtig. Die einzige Frage ist, was wir tun!“

Als der junge Schüler Michael Berg 1958 auf die 21 Jahre ältere Hanna Schmitz trifft, weiß er noch nicht, dass diese Begegnung sein ganzes Leben beeinflussen würde. In einem Vorhof, eilt sie ihm zu Hilfe, als der an Scharlach erkrankte Michael nahezu hilflos war. Einige Woche später, möchte er sich bei ihr bedanken und es entwickelt sich eine ungewöhnliche Liebesbeziehung, die von einem seltsamen Ritual geprägt ist. Michael hat die Aufgabe seine Geliebten vor dem Sex aus einem Buch vorzulesen. Mit diesem Ritual ist ein Geheimnis verbunden, ein Geheimnis, dass Hanna mit ins Grab nehmen will, koste es was es wolle.

Deutsche Geschichten, deutsche Filme, deutsche Schauspieler. DER VORLESER hat alle drei Komponenten in seinem Endprodukt vertreten. Die erfolgreiche Buchvorlage, würde doch einiges an Stoff bieten, sollte man meinen. Den Machern sollte es doch gelingen, hier ein ansprechendes Drama zu kreieren, dass den Ruf des deutschen Filmes wieder ein wenig aufpoliert. Bei der Anzahl der abgestaubten Preise und der Nominierungen, sollte man doch erwarten können, hier ein faszinierendes und ergreifendes Juwel zu sichten. Doch DER VORLESER beweist wieder einmal, dass Auszeichnungen, Cast und Hintergrund des Streifens völlig unwichtig sind, wenn sie nur da sind, um den Zuschauer zu blenden.


Zahllose unverständliche Fakten stehen mit dem Film DER VORLESER in Zusammenhang. Da wäre beispielsweise die Oscarauszeichnung von Kate Winslet, die zweifelsohne zu den fähigsten und unantastbarsten Schauspielerinnen ihrer Zeit gehört, aber für diese Leistung auch genauso klar und deutlich nicht ausgezeichnet werden darf. Wer von ihr eine ähnlich gute und herausragende Darbietung erwartet wie sie bei ihr fast schon üblich ist, der wird enttäuscht werden, schwer enttäuscht. Stattdessen stellen die Produzenten und Macher sie mit dieser freizügigen Rolle in ein deutlich schäbigeres und abstoßenderes Licht. Ein unerotisches Licht, ein Licht in dem man Mrs. Winslet einfach nicht sehen möchte. An ihrer Seite spielt das deutsche Talent David Kross, der perfekt veranschaulicht wie es in der deutschen Filmindustrie und Nachwuchsgesellschaft aussieht, nämlich zappenduster. Zu keiner Sekunde ist er in der Lage, den Zuschauer auf seine Seite zu ziehen, ihm das Gefühl zu geben, dass er sein Schauspiel gesehen haben muss. Einzig und alleine Ralph Fiennes, gelingt es im letzten Abschnitt des Filmes, so etwas wie Interesse zu wecken, Interesse an der Figur des Michael Berg, Interesse am Film und dessen Ausgang, Interesse am Schicksal der Protagonisten.

Mit einer kalten, grauen und trüben Inszenierung versucht Regisseur Stephen Daldry den Zuschauer für sich einzunehmen, doch vergisst dabei, dass eine ergreifende und langweilige Aura sehr nahe beieinander liegen und er hier in den entscheidenden Momenten die falschen Entscheidungen getroffen hat. Spannung sucht man hier vergebens, die Liebesgeschichte, die ja eine tragende Rolle in DER VORLESER spielt, ähnelt einem unästhetischen Lehrgang in Sexualität, keinesfalls aber sinnlicher Leidenschaft und zwingt den Zuschauer eher zum Wegschauen, anstatt ihn bei Laune zu halten.
Score, Kamera, letztlich war nahezu alles ein Griff ins Klo. Bis auf das letzte Schlussviertel, mit dem der Film noch einmal ein wenig Boden gut machen konnte, finden sich hier nur wenige positive Aspekte, die diesem Film attestieren würden, ein sehenswertes Drama zu sein. Eine Enttäuschung, leider.



"Ich fürchte nichts. Nichts, als die Grenzen deiner Liebe."


Bewertung: 03/10


Genre: Drama
Originaltitel: The Reader 
Regisseur: Stephen Daldry
Darsteller: Kate Winslet (Hanna Schmitz), David Kross (Michael Berg - jung), Ralph Fiennes (Michael Berg - alt)
Erscheinungsjahr: 2008
Produktionsland: USA, Deutschland
Laufzeit: 124 Minuten
Originalsprache: Englisch
Altersfreigabe: FSK 12

1 Kommentar:

  1. Na gut, es gab wenig Werbung, keine 15 Toten und keine hektischen Bildwechsel, aber wer sich als Mann von 26 bis 86 nicht in Hanna verliebt hat, der weiß sich offenbar seines Zustandes mit 15 nicht mehr zu erinnern. Und darin - im Erwecken der Erinnerung an einen selbst im jugendlichen Alter und im Erwecken des ganz großen Gefühls liegt der herausragende emotionale Wert des Filmes.
    Der intellektuelle Wert ergibt sich aus der Relativierung der Perspektiven, aus denen Schuld wahrgenommen werden kann. Möge das zu etwas mehr Weisheit in der Welt beitragen.

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